Im Trommelwirbel der Gehirnwäsche Drucken

An ihrer Sprache werdet ihr sie erkennen – Anmerkungen zur politischen Rhetorik im ORF.

Gastkommentar von Thomas Köhler und Christian Mertens

Über die Vorder- und Hintergründe der die SPÖ nach wie vor erschütternden Wahlen in Vorarlberg und Oberösterreich ist hinreichend geschrieben worden. Es zeigt sich, dass den konventionellen sozialdemokratischen und sozialistischen Antworten auf die Wirtschafts- und Finanzkrise – etwa der gebetsmühlenartigen Beschwörung eines allgegenwärtigen und bevormundenden Staates – wenig Vertrauen geschenkt wird. Die aus altem marxistischen Erbe stammende verengte Sicht, dem Kollektiv Vorrang vor Individuum und Person zu geben, führt zu falschen Patenten und Rezepten nach dem „Gießkannenprinzip“. Die einzelne Person mit ihren individuellen Bedürfnissen wie Fähigkeiten wird dabei – seit mehr als 100 Jahren – in ihrer Würde weder verstanden noch ernst genommen.

Trotz allem beharren Journalisten, allen voran im ORF, hartnäckig auf dem Denken in Blöcken in Links (Gut) und Rechts (Böse). Manche übernehmen sogar direkt das ideologisch gefärbte Wording des nun resigniert habenden oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Erich Haider, der angesichts der für seine Partei desaströsen Niederlage konstatierte, dass die Wähler auf „konservative Lösungen“ gesetzt hätten. Ein vom ORF inszenierter Demoskop assistierte im Sinn „objektiver Wissenschaft“: FPÖ und ÖVP wurden in eine Linie als „konservative Parteien“ gestellt. Jede Wählerstromanalyse widerspricht dem aber.

Populistisch oder programmatisch?
Gerade die in den letzten Wahlkämpfen transportierten Inhalte zeigen sehr deutlich, dass die konventionellen Klassifizierungen längst nicht mehr der Realität entsprechen. Es gibt ebenso wenig ein wie immer definiertes „rechtes“ wie „linkes“ Lager, sondern es gilt die Unterscheidung zwischen prinzipiell populistischen (wertrelativen) und programmatischen (wertkonservativen) Parteien zu treffen.

Ein Zweites: Stereotyp wird im „öffentlich-rechtlichen“ Fernsehen, aber auch in sogenannten „bürgerlichen“ Printmedien für die ÖVP, die CDU oder die Europäische Volkspartei (sie alle bezeichnen sich in ihren Programmen explizit als Christdemokraten) die Definition „konservativ“ – durchaus im Sinn von „altbacken“ oder „rückständig“ – verwendet; der gleiche Begriff übrigens, mit dem in diesen Medien, sei es aus Dumm- oder Bosheit, auch die Hardliner des iranischen oder des chinesischen Regimes bedacht werden.

Anders als von den 1968er-Apologeten und ihren Schülern so gern herbeigeschrieben, bedeutet „konservativ“ bewahrend, mäßigend und steht im Gegensatz zu beharrend, unbeständig. Keinesfalls ist es das Antonym zu „fortschrittlich“, „modern“ oder „liberal“. Letzterer Begriff – gerade er wird ja sehr gern pauschal als Gegensatz zu konservativ gesetzt – hat übrigens die Bedeutung von aufgeschlossen, tolerant, großzügig und ist nicht mit „liberalistisch“ oder „libertär“ gleichzusetzen – wie sich ja auch „sozial“ von „sozialistisch“ unterscheidet.

Die permanente unzulässige Vermischung dieser Begriffe – alles nur „lässliche Sünden“ uninformierter Redakteure? Eine ausführliche Lektüre der repräsentativen Befragung „Journalisten-Report II“ (N=477; publiziert 2008 im Facultas Verlag) belegt das Gegenteil: Österreichs Journalisten sind bei ihrer politischen Selbsteinschätzung nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Sie sehen sich deutlich „links“ der Mitte. Besonders hervorstechend: Wiener Journalisten (29 % bezeichnen sich als „links“, 36% als „eher links“, hingegen nur 11% als „eher rechts“ sowie 1% als „rechts“) sowie in Radio und TV tätige Journalisten (24% „links“, 36% „eher links“, 8% „eher rechts“, 0% „rechts“).

Unter jenen, die sich selbst weiter links einordnen, sieht sich jeder Vierte als „Kritiker“, der mit seinen Recherchen und Veröffentlichungen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kontrollieren (!) will. Mit der ihrerseits veröffentlichten (und nicht öffentlichen!) Meinung machen sie sich quasi zu Wächtern des „Guten“ (eben links) gegen das „Böse“ (eben rechts) und drängen allzu vielen ihre engstirnigen Betrachtungen sowie Definitionen auf.

Es ist unbestritten eine Aufgabe der „vierten Gewalt“ (und mancher mit ihr – wie im Zuge der Landtagswahlen in Oberösterreich – verbundener Meinungsforschungsinstitute), Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu analysieren. Es ist jedoch nicht ihre Aufgabe, sie zu manipulieren! Oder täuschen wir uns angesichts der totalitären Spaß- & Spott-Geselligkeit, deren konstitutiver Teil manche Medien immer mehr werden?

Die Wissenschaftler Thomas Köhler und Christian Mertens sind Mitbegründer der sozialliberalen „Initiative Christdemokratie“ (ICD).